Dein Körper spricht Panik: Was hinter deinen Attacken steckt und wie du wieder Vertrauen fasst
Stell dir vor, dein Körper beherbergt ein hochsensibles Alarmsystem. Dieses System ist darauf ausgelegt, dich vor akuten Gefahren zu schützen. Hast du in deiner Vergangenheit überwältigende oder langanhaltende Stresssituationen erlebt, kann es sein, dass dein Alarmsystem quasi "hängen geblieben" ist und heute übersensibel reagiert.

Wie entsteht eine Panikattacke? Die Gründe dahinter
- Alte Überlebensenergie, die nicht abfließen konnte:
- In Momenten extremer Gefahr oder Überforderung mobilisiert unser Körper gewaltige Mengen an Energie um zu kämpfen oder zu fliehen. Diese Überlebensenergie ist dafür gedacht, die gefährliche Situation zu lösen.
- Erlebt man sich in einer oder mehreren Situationen, in denen weder Kampf noch Flucht möglich sind, kann die mobilisierte Energie nicht abgebaut werden. Dies kann z.B. während eines traumatischen Ereignisses der Fall sein, in welchem man sich hilflos, ausgeliefert oder ohnmächtig erlebt. Die freigesetzte Energie wird dann im Körper und im Nervensystem "eingefroren".
- Eine Panikattacke ist dann wie ein plötzlicher, unwillkürlicher "Vulkanausbruch" dieser alten, gebundenen Überlebensenergie. Obwohl es keine aktuelle Bedrohung gibt, aktiviert dein Körper diese Energie.
- Ein dysreguliertes Nervensystem und fehlende Selbstregulation:
- Wenn das Nervensystem durch Trauma geprägt wurde, ist es oft dysreguliert. Das bedeutet, es ist nicht in einem Zustand der Balance. Es kann entweder dauerhaft überaktiviert (übererregt) sein, ständig auf der Suche nach Gefahr oder Sicherheit, oder es ist chronisch zu wenig aktiv und fühlt sich abgekoppelt an.
- Frühe Traumatisierungen, besonders wenn man in einem Umfeld mit zu wenig Sicherheit, Halt oder Fürsorge aufgewachsen ist (Co-Regulation fehlte), führen dazu, dass wir unsere Fähigkeit zur Selbstregulation nicht ausreichend entwickeln konnten. Selbstregulation bedeutet, dass du deine eigenen Gefühle und Empfindungen halten kannst, ohne von ihnen überwältigt zu werden. Wenn diese Fähigkeit fehlt, gerät man schneller in überwältigende Zustände wie Panik.
- Beispiel: Schaffen es Eltern wiederholt nicht, ihr Kind zu beruhigen, erlebt das Kind sein Umfeld als dauerhafte Bedrohung. Der erwachsenen Person, die diese wichtige co-regulierende Erfahrung nicht machen konnte, fehlt diese wichtige Fähigkeit der Selbstregulation. In Stresssituationen erlebt der Erwachsene dann schnell eine emotionale Überflutung.
- Trigger und "Fehlzündungen":
- Panikattacken sind oft die Folge von sogenannten Triggern. Ein Trigger ist ein Reiz, der dein Nervensystem als Bedrohung interpretiert und eine alte, unverarbeitete Stressreaktion auslöst. Diese Reaktion läuft dann autonom ab, also ohne dein bewusstes Zutun.
- Beispiel: Eine Person bekommt jeden Morgen Panikattacken, nachdem sie in eine neue Wohnung gezogen ist. Es stellt sich heraus, dass das laute Geräusch des Motorrads eines Nachbarn sie unbewusst an das Geräusch fallender Bomben erinnert, das ihre schwangere Mutter während eines Fliegerangriffs erlebt hatte und das sich tief in ihr Nervensystem eingeprägt hat. Es ist eine "Fehlzündung" des Nervensystems, weil die Gefahr heute nicht real ist.
- Trigger können sehr subtil sein und sowohl von außen (Geräusche, Gerüche, bestimmte Situationen) als auch von innen kommen (körperliche Empfindungen, Gedanken, Emotionen).
- Körperliche Empfindungen und die Angst vor ihnen:
- Panikattacken sind zutiefst körperliche Ereignisse. Symptome wie Herzrasen, Schwitzen, Atemnot oder ein Kribbeln können so intensiv sein, dass sie selbst Angst auslösen und einen Teufelskreis erzeugen: Angst vor den körperlichen Symptomen, die dann die Angst verstärken.
- Manchmal entstehen Panikattacken, wenn wir versuchen, zur Ruhe zu kommen oder uns entspannen, weil das Nervensystem dies als Kontrollverlust oder Gefahr interpretiert und dann blitzschnell wieder in den Alarmmodus schaltet.
Wie kann ich mit Panikattacken umgehen?
Der Umgang mit Panikattacken ist ein Prozess, der oft Geduld und professionelle Unterstützung erfordert. Dennoch gibt es viele Dinge, die du tun kannst um dir selbst zu helfen.
- Verständnis und Akzeptanz aufbauen
- Sicherheit herstellen – außen und innen
- Selbstregulation lernen und Kapazität aufbauen
- Professionelle Unterstützung holen
- Umgang mit Triggern lernen
- Selbstmitgefühl und Geduld üben
Panikattacken können sich unglaublich beängstigend anfühlen. Dein inneres System versucht jedoch, Erfahrungen aus der Vergangenheit zu verarbeiten. Mit dem richtigen Verständnis, den passenden Strategien und gegebenenfalls professioneller Begleitung kannst du lernen, damit umzugehen und schließlich zu einem Zustand innerer Sicherheit und Balance finden.
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Aus einer traumasensiblen Perspektive sind Depressionen oft nicht nur eine Stoffwechselerkrankung im Gehirn, sondern ein Ausdruck von tiefer innerer Dysregulation. Das bedeutet, dein Nervensystem ist aus dem Gleichgewicht geraten. Es handelt sich dabei häufig um eine erlernte Schutzstrategie deines Gehirns, die dir in deiner Kindheit geholfen hat mit überwältigenden Gefühlen oder chronischem Stress umzugehen und damit dein "Überleben" zu sichern.

Viele Menschen erleben, dass Zwänge und ein starkes Kontrollbedürfnis unbewusst als eine Art Schutzschild gegen Ängste wirken. Stell dir vor, du hast in der Vergangenheit Situationen erlebt, in denen du dich völlig hilflos und überwältigt gefühlt hast. Als Kind bist du vollständig auf deine Bezugspersonen angewiesen und kannst dich ihnen gegenüber nicht wehren oder fliehen, wenn du dich bedroht fühlst. In solchen Momenten, wo du keine Kontrolle hattest, entwickelt dein System eine tiefe Sehnsucht, diese Kontrolle später wiederzuerlangen.

Deine Schwierigkeiten, dich abzugrenzen, haben oft ihre Wurzeln in früheren Erfahrungen – besonders in deiner Kindheit. Damals konntest du dich gegenüber wichtigen Bezugspersonen, wie deinen Eltern, schlichtweg nicht abgrenzen, weil du vollständig von ihnen abhängig warst und auf sie angewiesen warst, um deine grundlegenden Bedürfnisse nach Nähe, Geborgenheit und Sicherheit zu erfüllen.